Kurzgutachten zur Abfederung von Verwerfungen

Was ist geboten, wenn Kostenerhöhungen nicht mehr zur Kalkulation passen?

April 2022: Die Herausforderungen für produzierende Branchen sind aktuell massiv gewachsen. Davon betroffen ist auch die mineralische Roh- und Baustoffindustrie. Zwar warnten die Verbände der Steine- und Erdenindustrie schon seit geraumer Zeit vor den Folgen einer Rohstoffverknappung und damit einhergehenden Kostenhöhungen mit dramatischen Folgen für die Bautätigkeit, doch nun spitzt sich die Situation seit dem unerwarteten Kriegsausbruch nochmals drastisch zu. Monetär überlastete und unterbrochene Lieferketten bröckeln und lassen die Angst vor etwaigen Lieferausfällen und Versorgungslücken wachsen. Ein neues Muster des Miteinander von Angebot und Nachfrage wird nötig, um einen verträglichen Ausgleich zwischen beiden Seiten herzustellen.

Die industrielle Wertschöpfung entfernt sich im Moment wegen fehlender Rohstoffe und Vorprodukte von seiner über lange Zeit gewohnten Kontinuität. Um Preissprünge vor und während einer Baumaßnahme auffangen zu können, haben das Bundesbau- und das Bundesverkehrsministerium durch einen Erlass am 25. März 2022 das Thema Lieferengpässe und Stoffpreisänderungen einheitlich für den gesamten Bereich Bundesbau geregelt. Der Erlass enthält den Hinweis, dass Probleme bei der Beschaffung von Baumaterialien grundsätzlich zur Anwendung des Rechtsinstituts „Wegfall der Geschäftsgrundlage“ führen kann und eine nachträgliche Möglichkeit der Vereinbarung einer Stoffpreisgleitklausel besteht.

Schutzszenarien für betroffene Unternehmen müssen nun allerdings auch kaskadierend bis zur Basis weitergeführt werden, um alle Glieder in der bewährten Versorgungskette funktionsfähig zu halten. Auf Anregung des vero – Verband der Bau- und Rohstoffindustrie –, haben alle Landesverbände des Bundesverbandes Mineralische Rohstoffe, MIRO, und ebenso des Bundesverbandes der Transportbetonindustrie, BTB, gemeinsam mit diesen Bundesverbänden ein Kurzgutachten mit dem Titel „Preiserhöhungen und Unterbrechungen in den Lieferketten der Steine- und Erdenindustrie – Gesetzliche Regelungen und vertragliche Gestaltungen vor dem Hintergrund des Ukrainekrieges“ in Auftrag gegeben. Diese in hoher Geschwindigkeit erarbeitete Bewertung geht auf die vertraglichen und gesetzlichen Gestaltungsmöglichkeiten vor dem Hintergrund steigender Kosten für Kraftstoffe, Energie, Betriebsstoffe sowie Vorprodukte auf dem Baustoffmarkt ein. Der inhaltliche Fokus ist auf praktische Lösungen ausgerichtet, die beiden Seiten ein hohes Maß an Sicherheit bieten. Erklärt werden die Bedeutungen und Voraussetzungen der juristischen Begriffe „Wegfall der Geschäftsgrundlage“, „höhere Gewalt“ oder auch „Preisgleitklausel“, um etwas Klarheit in das juristische Wirrwarr zu bringen. Einzelfälle berücksichtigt das Gutachten dagegen aus nachvollziehbaren Gründen nicht. Angelehnt an den zulässigen Ausnahmen des Preisklauselgesetzes werden stattdessen abstrakt Möglichkeiten der Anpassung über Indexklauseln dargestellt. Auf Fairness aufgebaut, bieten diese unter entsprechenden Bedingungen übrigens einen Ausgleich in beide Richtungen. Generell wurden seitens des juristischen Gutachters daher die Bedingungen für die Aufnahme einer Preiselementeklausel oder einer „Höhere-Gewalt-Klausel“ in Verträge untersucht.

Neben der künftigen, wird auch die gegebene Situation betrachtet, für die eine Vertragsanpassung bzw. -aufhebung im Einzelfall über das gesetzlich geregelte Rechtsinstitut „Wegfall der Geschäftsgrundlage“ möglich ist. Der Erlass des Bundesbauministeriums kann hier als Blaupause zur Beurteilung des Einzelfalls herangezogen werden, wenn auch die mineralischen Rohstoffe nicht direkt benannt sind. Sein Kurzgutachten stellte der beauftragte Rechtsanwalt am 7. April 2022 im Rahmen einer digitalen Informationsveranstaltung mit mehreren hundert Teilnehmern vor.

Fragen zum Gutachten und zur Situation rund um die aktuellen Ereignisse können Unternehmen und Gesellschaften an ihre jeweils zuständigen, involvierten Verbände im Einzugsbereich und natürlich an den Bundesverband MIRO richten.

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