Mehr Spielraum für die Sonnenkraft

Auch die Unternehmen der Gesteinsindustrie lassen nichts unversucht, um alternative Energieformen selbst zu nutzen und Versorgungsmöglichkeiten im Umfeld anzubieten. Wie das konkret aussehen kann, erfuhren am 20. März 2023 Bernhard Daldrup, Sprecher für Bau, Wohnen, Stadtentwicklung und Kommunen der SPD-Bundestagsfraktion, sein Bundestagskollege Brian Nickholz und die Kreistagsabgeordnete Anne Claßen, indem sie einer Einladung des Bundesverbandes Mineralische Rohstoffe (MIRO) zur Besichtigung der schwimmenden PV-Anlage der Quarzwerke GmbH folgten.

Beim Ortstermin in Haltern galt die gemeinsame Aufmerksamkeit eindeutig der aktuell größten schwimmenden Photovoltaikanlage Deutschlands. Diese sogenannte Floating-PV-Anlage stellt eine der jüngsten Großinvestitionen der Quarzwerke GmbH dar. Mit 5744 PV-Modulen produziert sie jährlich etwa 3 Mio. kWh Strom bei einer Nennleistung von 3,1 MW-Peak. Seit etwa einem Jahr in Betrieb, treibt sie die Energie-Autarkie des namhaften Unternehmens voran und trägt im Vergleich mit der zuvor klassischen Versorgung zur Einsparung von rund 1100 t CO2 pro Jahr bei. Dabei bedeckt die mit 1,6 ha anerkannt größte Anlage ihrer Art lediglich 2,3 % der Wasserfläche des Halterner Silbersees, der mit den Panelen on top seinem Namen zusätzlich alle Ehre macht. Natürlich ist die Silbersee-PV-Anlage ein besonderer Solitär, unabhängig davon steht bei zahlreichen Branchenunternehmen der Ausbau von PV-Anlagen auf Flächen in Sand- und Kiesgruben sowie in Steinbrüchen auf der Tagesordnung. Viele dieser Flächen können schon während der Gewinnung und natürlich auch im Zuge der Nachnutzung mit PV-Freiflächenanlagen oder schwimmenden PV-Anlagen belegt werden. Das Sparpotenzial ist enorm und größere Anlagen können neben der Eigenversorgung sogar anliegende Gemeinden mit Energie versorgen.

Riesig und bescheiden zugleich: Bei 1,6 ha Größe bedeckt die derzeit größte Floating-PV-Anlage gerade mal 2,3 % der Wasserfläche des Halterner Silbersees. Fotos: MIRO

Glaubhaft und eindrücklich vorstellbar wird das Potenzial, welches die Gesteinsbranche hier für Fortschritte bei der Energiewende bietet, durch das eigene Erleben und Gespräche mit den Betreibern: Während einer Führung durch Dr. Thomas Pütter, Leiter Rohstoffsicherung der Quarzwerke, und Werksleiter Daniel Duric zeigten sich die SPD-Abgeordneten positiv beeindruckt. Gut präpariert durch eigenes Vorwissen sowie zuvor frisch vermittelte theoretische Fakten zur Solarenergie dieser Anlage und vieler ähnlicher PV-Anlagen in Gesteinsbetrieben, stellte das Politiker-Trio interessierte Fragen. Mehr noch: In den entsprechenden Gremien sollen auch die an solche Anlagen geknüpften Probleme Erörterung finden. MIRO-Präsident Christian Strunk und Geschäftsführerin Susanne Funk sensibilisierten die Gäste eindrücklich dafür, in welchem Maße sich gesetzliche Beschränkungen und langwierige Genehmigungsverfahren als hinderlich für die Transformation hin zu erneuerbaren Energien in der Gesteinsindustrie erweisen. In ihrer neuen PV-Strategie müsse die Bundesregierung deshalb endlich zeigen, dass sie den Ausbau von PV-Anlagenkapazität auch wirklich will. Dazu seien Anpassungen im Wasserhaushaltsgesetz (WHG), im Baugesetzbuch (BauGB) und im Raumordnungsgesetz (ROG) erforderlich.

Rohstoff- und Energieprobleme: In den Büroräumen der Quarzwerke-Verwaltung ging es zum Einstieg neben der PV-Strategie auch um die generelle Situation der Branche.

Es sah tatsächlich schon schlechter aus: Seinen ersten Entwurf einer Strategie für den beschleunigten Ausbau der Photovoltaik in Deutschland legte das Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz (BMWK) am 10. März 2023 vor. Im Rahmen eines zweiten Gipfels Anfang Mai soll die finale Strategie vorgestellt werden, die anschließend in zwei Solar-Gesetzespakete fließt. MIRO begrüßt diese Entwicklung, nachdem maßgebliche Forderungen des Bundesverbandes im Zuge der einigermaßen missglückten Ausgestaltung im Osterpaket 2022 dem PV-Ausbau unnötig beschränkten und viel berechtigte Kritik des Interessenvertreters ernteten. Nun scheint der Knoten durchtrennt: Die PV-Strategie soll eine schnelle Skalierung vor allem durch Freiflächenanlagen als auch Anlagen auf Dächern ermöglichen. Entsprechend stehen diese im Fokus der Strategie. Auch eine weitere Stärkung von besonderen Solaranlagen wie schwimmenden PV-Anlagen ist vorgesehen. In diesem Kontext heißt es, die im vorjährigen Osterpaket verpackten „hohen Anforderungen“ des WHG würden maßvoll nachjustiert. Wer aber was unter „maßvoll“ versteht, wird sich erweisen müssen.

Trio vor Floating-PV: Christian Strunk, Susanne Funk und Bernhard Daldrup bleiben zum Kernthema des Treffens miteinander im Gespräch. Fotos: MIRO

Trotz zwackender Kälte sorgten diese Aussichten beim Treffen immerhin für ein zuversichtliches Wärmegefühl. Viele MIRO-Unternehmen sind bereit, in erneuerbaren Energien zu investieren. Bisher erschweren jedoch Auflagen in Genehmigungsverfahren auf Bundes-, Länder- und kommunaler Ebene im Zusammenspiel mit ihrer Dauer dieses Vorhaben. Übrigens – auch das kam zur Sprache – sind derart verfahrene Verfahren nicht nur im PV-Segment ein Riesenhindernis, sondern gefährden ganz generell auch die dauerhaft zuverlässige Verfügbarkeit mineralischer Rohstoffe in Deutschland.

Können solche Treffen mitten in der lebendigen Praxis daran etwas ändern? Man weiß es nicht. Dennoch sind sie das allerbeste Mittel, um „in der Sache“ wirklich ins Gespräch zu kommen und anschließend am Ball zu bleiben.

www.bv-miro.org

Energie-Transformation: Beim Treffen während der „Winterrenaissance“ in Haltern ging es um den Willen dazu und um nötige Beschleunigungsfaktoren für den PV-Ausbau.