Die Realität ist viel besser als ihr Ruf
Am Abend des 24. Juni 2021 wurde das Insektenschutzgesetz mit der Regelung zu „Natur auf Zeit“ vom Bundestag beschlossen. Damit finden biodiversitätsfördernde Zustandsverbesserungen, wie sie im Gelände von aktiven Steinbrüchen sowie Sand- und Kiesgruben häufig anzutreffen sind, eine neue Form der Anerkennung. Und: Bei Etablierung eines nutzungsintegrierten Biodiversitätsmanagements erhalten die Unternehmen mit Inkrafttreten der im Gesetz vorgesehenen Verordnung endlich auch die nötige Rechtssicherheit für ihr ausbalanciertes Handeln. Damit hat sich eine seit langem vom Bundesverband Mineralische Rohstoffe, MIRO, geäußerte Forderung, nutzungs- und artenorientiertes Vorgehen anzuerkennen, erfüllt.
Für die Artenvielfalt in Betrieben der Gesteinsbranche ist die per Bundestagsbeschluss vollzogene Trendwende ein großer Erfolg. Mit der Stärkung des Konzeptes „Natur auf Zeit“ dürfen sich Flora und Fauna ungehindert ausbreiten, ohne im Gegenzug die Art „Mensch“ von ihrer wirtschaftlichen Tätigkeit abzuhalten. Das heißt, Gesteinsbetriebe werden für die Artenförderung nicht mehr bestraft, sondern ernten die dafür angemessene Anerkennung, solange sie sich im künftigen Verordnungsrahmen bewegen. Fixiert wurden nämlich neben den allgemeinen Regelungen zu „Natur auf Zeit“ nun auch erstmals Ermächtigungsgrundlagen zum Erlass einer Rechtsverordnung speziell für die mineralische Rohstoffgewinnung und gesondert für die übrigen Industriezweige.
Gestützt auch durch die bewährten regionalen Kooperationen der MIRO-Verbände in den Ländern mit den Experten vieler lokaler Naturschutzverbände, kristallisierten sich neue Ansätze einer produktiv-respektvollen Zusammenarbeit heraus. Für Alle, denen das merkwürdig erscheint, eine kleine Erklärung: Gegensätzliche Positionen zu einzelnen Aspekten gibt es natürlich nach wie vor auf beiden Seiten auch. Darüber wird gesprochen und am Ende das Verbindende definiert. Innerhalb dieser gemeinsamen Schnittmenge engagierten sich Gesteinsindustrie und NABU stark in der Mitwirkung am geplanten Insektenschutzgesetz, um die ungünstige Ausgangslage zum Vorteil seltener Arten speziell in Gewinnungsbetrieben zu korrigieren.
Ein Meilenstein auf dem Weg zum jetzt verabschiedeten Gesetz war das im Sommer 2020 veröffentlichte gemeinsame Diskussionspapier von acht Rohstoff- und 14 Naturschutzverbänden. Schon darin wurde eine gesetzlich zu verankernde Legalausnahme präferiert, die bei Einhaltung naturschutzfachlicher untergesetzlicher Standards gewährt werden soll. Die Regelung ist nun in § 54 Abs. 10a BNatSchG n.F. verankert. Was noch fehlt, um „Natur auf Zeit“ zum lebendig-wertvollen Erfolgsmodell auf Dauer zu machen, ist die entsprechende Rechtsverordnung. Letztere soll auf den Weg gebracht werden, sobald das Gesetz in Kraft getreten ist.
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Noch tiefer einsteigen?
Gewinnungsstätten zeichnen sich durch zahlreiche selten gewordene Lebensräume mit hoher Biotopvielfalt aus. Da die Flächen nicht mit Pflanzenschutzmitteln beaufschlagt werden, beherbergen sie neben vielen anderen seltenen Arten eine reiche Insektenfauna. Konträr dazu stellten die bisherigen Regelungen zum Artenschutz im Bundesnaturschutzgesetz in der Praxis ein erhebliches Problem dar. Besonders hohes freiwilliges Engagement für den Artenschutz mit den entsprechenden Erfolgen konnte unter Umständen zu Betriebsunterbrechungen oder Einschränkungen bei der Gewinnung mineralischer Rohstoffe führen.